NLA: Keine Punkte in Zug

Die Skorpione reisen mit gerade einmal neun Feldspielern nach Zug. Dank einer guten kämpferischen Leistung hielt sich die Niederlage mit 4:10 im Rahmen.

Lieber Leser, stelle Dir vor, die Schweizer Rugby-Nationalmannschaft trifft auf die «All Blacks» und hat statt der üblichen 15 Spieler nur deren 13 auf dem Feld. Natürlich könnte ein Schweizer Sieg auch bei dieser Konstellation nicht gänzlich ausgeschlossen werden, aber ein 6er im Lotto wäre wohl wahrscheinlicher.
An diesem Wachende befanden sich die Gürbetaler vor ihrem Spiel in Zug gegen den Serienmeister in einer ähnlich unbequemen ja ziemlich aussichtslosen Ausgangslage. Ihnen standen lediglich neun Feldspieler zu Verfügung. Samstagsarbeit, Verletzungen und Erkrankungen (nicht Corona) hatten das Kader der Berner dezimiert. Einzig der Torhüterposten war mit Marc Stucki und Debütant Grégory Steiner normal, d.h. doppelt besetzt. Bei den Innerschweizern fehlte auch der eine oder andere Spieler, aber wenn die All Blacks gegen 13 Schweizer auflaufen, macht es auch keinen Unterschied, ob die erste Formation auf dem Feld steht oder die Reserven.
Die Gürbetaler waren jedenfalls entschlossen, das Beste aus der Situation zu machen. So gut wie möglich dagegenhalten, alles geben und schauen, in welchen Bereichen in den kommenden Wochen und Monaten gearbeitet werden muss. Denn eines war klar, die Rebells würden die Schwächen der Gürbetaler schonungslos aufzeigen. 

Die Partie begann unglücklich für die Gäste. Ein erster Angriff der Platzherren schien bereinigt, als Florian Bohnenblust als hinterster Mann unglücklich stolperte. Die Zuger liessen sich die daraus resultierende Chance nicht entgehen. Nach 17 Sekunden schoss Noa Wolf seine Farben mit 1:0 in Führung. Würden die Gürbetaler sang und klanglos untergehen? Nun, die Platzherren suchten den zweiten Treffer. Doch der blieb ihnen vorläufig verwehrt. In der dritten Spielminute musste Tomáš Kudela die Strafbank aufsuchen. Nach kurzen Anlaufschwierigkeiten stand das Überzahlspiel der Berner. Nach 3:26 glich Sascha Burch auf Zuspiel von Fabian Bohnenblust zum 1:1 aus. Die Platzherren verbuchten diesen Treffer als kleinen Betriebsunfall und machten weiter Druck auf die Belper. Die Gürbetaler wurden immer wieder in ihrer Platzhälfte eingeschnürt. Gefährlich wurde es besonders dann, wenn die Innerschweizer mit einem schnellen Lauf- und Passspiel durch die Hintermannschaft der Gäste wirbelten. Auf diese Weise fiel das 2:1 durch David Kapanek in der siebten Spielminute.  Die Gürbetaler wehrten sich mit vollem Einsatz, standen in die Schusswege und gingen das Tempo der Rebells mit. Marc Stucki machte die eine oder andere gute Torchance der Platzherren zu Nichte. Trotz vereinten Kräften mussten die Berner bis Drittelsende zwei weitere Treffer zulassen. Torschützen für die Innerschweizer waren Thomas Hohl und Raphael Enzler. 

Im Mittelabschnitt machten die Rebells weiter Druck, um die Führung zu erhöhen. Meistens gelang es ihnen, das Spielgeschehen in die Hälfte der Belper zu verlagern. Aber auch die Skorpione konnten sich die eine oder andere Torchance erarbeiten, scheiterten aber an Sandro Iten im Tor der Platzherren oder an ihrer eigenen Abschlussschwäche. Bis zu Spielmitte führten die Innerschweizer dank zwei weiteren Enzler-Toren mit 6:1. Wie geplant wechselten die Gäste bei Spielmitte die Torhüter. Grégory Steiner kam zu seinem ersten Meisterschaftsspiel auf der für ihn ungewohnten Asphalt-Fläche. Er konnte sein ausgezeichnetes Stellungsspiel und seine Reaktionsfähigkeit von Anfang an unter Beweis stellen. Bis zur zweiten Pause liess er nur einen Überzahltreffer durch Tobias Rohdewald zu. Die Gürbetaler kämpften weiter und gaben vollen Einsatz. Renato Stalder knallte nach einem fairen Check unglücklich mit dem verlängerten Rücken in die Bandenoberkante. Trotz erheblicher Schmerzen spielte er nach einer kurzen Pause weiter. 

1:7 nach zwei Dritteln ist sicherlich kein Ruhmesblatt, aber es hätte auch wesentlich schlimmer kommen können. Sicher, die Rebells gingen nicht an ihre Grenze, aber Geschenke wurden am vergangenen Samstag in Zug auch keine verteilt. Die Skorpione nahmen sich vor, das Resultat auch im Schlussdrittel einigermassen im Rahmen zu halten und noch den einen oder anderen Treffer zu erzielen. Beide Vorhaben wurden umgesetzt. Den ersten Treffer im Schlussabschnitt erzielten jedoch die Platzherren. Yves Stucki traf im Überzahl zum 8:1. Danach folgte das wohl schönste Tor des Spiels. Dennis Nydegger lancierte Mikel Fairclough tief in der Belper Zone. Fairclough lief durch die Abwehr der Innerschweizer hindurch und schob den Ball mit der Rückhand einhändig um den Zuger Schlussmann Patrick Chakroun herum in die Maschen. Danach waren wieder die Innerschweizer an der Reihe. Enzler und Rhodewald erhöhten bis zur 54. Spielminute auf 10:2. Anschliessend folgte der wohl kurioseste Treffer der Partie. Burch stand auf der blauen Linie der Gastgeber ganz draussen an der Bande. Der Schreiber weiss nicht genau, was Burch geplant hatte, war es ein Schuss, ein Lop oder ein Pass? Was es auch immer hätte werden sollen, der Ball flog in einem Bogen aufs Tor, Chakroun griff daneben und der dritte Treffer der Gürbetaler war Tatsache. 
Nun, man mag argumentieren, dass die Platzherren die Partie in dieser Phase sehr locker angingen. Das kann sein. Dagegen spricht allerdings, dass die Schiedsrichter während eines Angriffs der Gäste in der 57. Spielminute gleich zwei kleine Strafen gegen die Rebells aussprechen mussten. Bei fünf gegen drei erzielte Alessio Faina auf Zuspiel von Nydegger den vierten und letzten Treffer der Skorpione. 

In Zug haben die Gürbetaler in der Vergangenheit bereits mit wesentlich stärkeren Teams und wesentlich mehr Feldspielern deutlich höher als mit 4:10 verloren. Der Einsatz stimmte, ja war in jeder Hinsicht mustergültig. Die Neun gaben während 60 Minuten alles und waren am Ende ziemlich ausgepowert. Zu erwähnen sind Jan Schlechten und Til Bucher, die bereits am Vormittag mit den Junioren gegen die Rebells gespielt hatten. Diese Partie, bei denen die Gäste auch nur über neune Feldspieler verfügten, war unglücklich mit 3:4 verloren gegangen. Schlechten und Bucher hatte beide schon in dem Spiel über 40 Minuten Feldzeit. Hinzu kamen am Nachmittag noch einmal 30 (Bucher) und 40 (Schlechten). 
Die aufgrund der widrigen Umstände sehr gute Leistung in Zug darf indes über eines nicht hinwegtäuschen. Die Belper haben in dieser Saison noch keinen einzigen Punkt auf dem Konto. Ja, sie lagen in drei bisherigen Spielen noch kein einziges Mal in Führung. In den kommenden Wochen gilt es die guten Ansätze und den erzielten Fortschritt in Punkte umzumünzen. Im Cupspiel gegen den B-Ligisten SHC Bonstetten-Wettswil vom kommenden Sonntag muss der erste Siege errungen werden. Im Auswärtsspiel vom 31. Oktober im Neuenburger Jura gegen den SHC La Chaux-de-Fonds müssen die ersten Punkte erkämpft werden. 
Ach ja, in diesen besonderen Zeiten braucht es noch einen Schlusssatz. «So denn Corona zulässt, dass die Partien stattfinden». 
Christoph Curchod, 20.10.2020

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